Initiativen derHamburg Kreativ Gesellschaft

Der Kreis schließt sich: Das sind die Ergebnisse der Cross Innovation Class 2023

Beim Abschlussevent der Cross Innovation Class 2023 im Design Zentrum Hamburg wurden fünf Prototypen vorgestellt, die die CircularCities nach vorne bringen sollen. Im Format Cross Innovation Class werden Studierende unterschiedlicher Hochschulen und Fachrichtungen zusammengeführt um marktreife Prototypen für Unternehmen zu entwerfen.

Der Kreis schließt sich: Das sind die Ergebnisse der Cross Innovation Class 2023 -

Es ist viel los auf der Bühne im Design Zentrum Hamburg. Wasser plätschert und Motoren rattern, Glastüren klappen automatisch auf und Chipkartenlesegeräte piepsen. Vor der kleinen Plattform sitzen vielleicht hundert Personen, viele davon jung, einige etwas älter. Sie sind umgebenen von metallenen Treppen, blanken Betonsäulen, freiliegenden Abluftschächten und knallroten Leitungsrohren, die unter der schwarz angemalten Decke hängen.

Das industrielle Setting mit dem künstlerischen Touch passt zum Anlass. Denn im Design Zentrum werden an diesem Abend Mitte Juli allerlei Prototypen vorgeführt – kleine Ideen mit großer Wirkung, so hoffen die Anwesenden, Lösungen für die Probleme von heute, Visionen für das Leben von morgen: Wie können wir Menschen weniger Müll produzieren? Wie können wir unsere endlichen Ressourcen schützen oder zumindest besser mit ihnen wirtschaften? Wie können wir dafür sorgen, dass wir die Produkte, die wir online kaufen, weniger oft von A nach B schicken und wieder zurück und damit sinnlos CO2 in die Luft pusten?

Für diese und mehr Fragen soll die Cross Innovation Class die richtigen Antworten finden. Die Cross Innovation Class ist ein Programm des Cross Innovation Hubs der Hamburg Kreativ Gesellschaft. Das Ziel des Cross Innovation Hubs: die Schaffenskraft der örtlichen Kreativen für die Wirtschaft nutzbar machen. Im Format Cross Innovation Class werden Studierende unterschiedlicher Hochschulen und Fachrichtungen zusammengeführt um marktreife Prototypen für Unternehmen zu entwerfen.

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Im Jahr 2023 liegt der Fokus des Programms, das bereits sein 5. Jubiläum feiert, auf Konzepten für die sogenannten Circular Cities. Nein, damit seien nicht Städte mit vielen oder besonders schönen Kreisverkehren gemeint, scherzt Patrick Scheckelhoff, Programmmanager der Cross Innovation Class, sondern Städte, die im Sinne der Kreislaufwirtschaft funktionieren. Unter Kreislaufwirtschaft versteht man eine Wirtschaftsform, in der Produkte und Materialien nach dem Gebrauch nicht einfach nur entsorgt werden, sondern in einem Kreislauf immer und immer wieder zu neuen Produkten und Materialien verarbeitet werden.

Aber wo genau liegt denn da das Problem?

Patrick Scheckelhoff drückt den Knopf seines Presenters und lässt die Zahlen sprechen, die ein Beamer auf die Leinwand hinter ihm wirft: Wenn die Menschheit so weiterlebt wir bisher, bräuchte sie bis 2050 eigentlich die Ressourcen von drei Erden. Ende Gelände. Stille im Publikum.

Und da etwa 75 Prozent der europäischen Bevölkerung in städtischen Gebieten leben und der größte Teil des menschlichen Verbrauchs, der Abfallproduktion und der Treibhausgas-Emissionen in den Citys stattfindet, haben die Städte einen gewaltigen Einfluss auf eine nachhaltige Zukunft. Und jetzt stehen hier Studierende der Hamburger Akademie Mode & Design, der HafenCity Universität, der Fachhochschule Wedel und der Leuphana Universität Lüneburg und wollen zeigen, wie es vielleicht besser geht.

Da ist zum Beispiel das Produkt, das eines der interdisziplinären Teams für den Palettenservice Hamburg erdacht hat: eine Holzpalette, die wirklich kreislauffähig ist, und bereits vor den Zuschauer*innen steht. Für den herkömmlichen Kleber, der oft Schadstoffe wie Formaldehyd enthält, wurde ein ökologisch verträglicher Ersatz gefunden. Auch Stahlnägel, die unter großem Energieaufwand produziert werden, braucht es nicht mehr. Die Bretter und Klötze der „CircularPalett“, so heißt das neue Produkt, werden jetzt von Holzstiften zusammengehalten. Das ganze Produkt ist also sortenrein, lässt sich am Ende seiner Lebenszeit dadurch besonders effektiv recyceln.

Dann ist da noch der „FashionFlitzer“ ­– eine Art Hightech-Altkleider-Container. Entwickelt für das Hamburg Institute for Innovation, Climate Protection and Circular Economy, kurz: HiiCE, versteckt sich in seinem Inneren eine vollautomatisierte Anlage. Diese Anlage analysiert mit Unterstützung verschiedener Sensoren und Künstlicher Intelligenz die abgegebene Kleidung auf Material, Qualität, Beschädigung oder Verschmutzung und sortiert die Stücke entsprechend vor. Je nach Zustand können die einzelnen Teile so weiterverwendet oder optimal entsorgt werden. Die Bauskizzen, die das Projektteam präsentiert, zeigen einen modularen Baukasten, der sich beliebig vergrößern, in seinen Funktionen erweitern und mit dem Lkw überall hin transportieren lässt. Bei der Miniaturversion auf der Bühne baumelt ein kleiner Strickpulli durch die Abfertigungsanlage. Die Botschaft ist so klar wie das Weiß seiner Wolle: viel zu schön zum Wegschmeißen.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt „PowerWash“, ein Projekt für die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH. In dieser Sammelstation sollen Bewohner*innen ihre Bioabfälle entsorgen können. Das Prinzip ist simpel: Einfach den vollen Mülleimer, den die Stadtreinigung gegen ein Pfand zur Verfügung stellt, in die dafür vorgesehene Klappe der Müllstation stellen und an der zweiten Klappe einen sauberen Mülleimer entnehmen. Die Entleerung erfolgt im Inneren der Station, zusammen mit der Reinigung. Der Ekel-Faktor bei der Biotonne ist also passé. Und sobald der Container im Sockel der Station voll ist, wird die Stadtreinigung automatisch informiert. Das alles soll unnötige Transportwege vermeiden und außerdem den wertvollen Bioabfall nutzbar machen ­– als „Nahrung“ für Biogasanlagen.

Der Prototyp hingegen, der für den Logistikdienstleister Hermes konzipiert wurde, soll dem Retouren-Wahnsinn entgegenwirken. Statt Kleidung, Spielzeug oder Elektronikgeräte, die man doch noch haben will, wieder zurückzuschicken, kann man diese im „ReShop“ abgelegen. Dieses Regal, das mit seinen vielen sechseckigen Holzfächern an die Waben eines Bienenstocks erinnert, und das theoretisch überall in der Stadt stehen kann. Fällt eine Retoure an, kann mithilfe der Hermes-App einfach die Glastür eines der Fächer geöffnet und die Ware abgelegt werden ­– schon wird der Kaufwert erstattet. Und vielleicht gibt es ja in der näheren Umgebung andere Kund*innen, die Interesse an genau diesem Artikel haben. Das würde unnötige Transportwege einsparen – und gleichzeitig verhindern, dass die Händler ihre Retouren lieber schreddern statt neu zu verkaufen, weil sie damit Geld sparen. Die Anwesenden sind merklich begeistert. Lauter Applaus. Später wird diese Idee mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.

Die Jury, die an diesem Abend ebenfalls einen Preis vergibt, ist von einer anderen Idee aber am meisten überzeugt: ein Prototyp, die eine Gruppe für das Water-Tech-Unternehmen ACO entwickelte. Beim „Clean House“ sammeln Wassertanks auf Flachdächern das Regenwasser auf und leiten es über ein weit verzweigtes Rohrsystem durchs Haus – zu den Badezimmern der Bewohner*innen, damit sie es als Spül- und Duschwasser nutzen können; zu den Pflanzenkästen an den Fassaden, damit das Grün dort auf natürlichem Wege bewässert wird; und in kleine Wasserräder überall im Haus, die kleine Generatoren antreiben und so eigenen Strom erzeugen. Klingt wahnsinnig komplex, man kann das Fließen und Schwappen und Strömen aber mit den eigenen Augen hinter einer Wand aus Plexiglas sehen. Man kann das Gluckern und Blubbern und Schmatzen hören. Es funktioniert.

Dieser Ansatz, den Wasserverbrauch in den Städten wenigstens zeitweise zu unterbrechen, ihn auszubremsen und die wohl wichtigste Ressource unseres Planeten nicht zu vergeuden, das ist für die Jury der Cross Innovation Class der beste Ansatz an diesem Abend – und zwar einstimmig. Diese kleine Idee könnte wirklich eine große Wirkung haben. Vielleicht ist sie der Tropfen, der das Fass nicht zum Überlaufen bringt.

Autor: Laslo Seyda

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